Den Einsatz von Uran-Waffen verbieten!

von Srdan Aleksić, Serbien*

Natur-Uran ist ein radioaktives und giftiges Element, das aus drei Isotopen besteht: 234U, 235U und 238U. Abgereichertes Uran [Depleted Uranium/DU], das das Isotop 235U enthält, ist Atommüll. Seine Radioaktivität ist im Vergleich zu natürlichem Uran um etwa 40% reduziert, was als häufigstes Argument für die These herangezogen wird, dass seine Verwendung für militärische Zwecke nicht zur Entstehung von Krebs führt. Dabei wird jedoch ausser acht gelassen, dass sich Natur-Uran und abgereichertes Uran chemisch gesehen gleich verhalten und ihre chemische Toxizität die gleiche ist. Da Uran ein pyrophores Metall ist, verbrennt es nach der Explosion eines DU-Geschosses und bildet giftiges Uran-Oxid, das durch ein Aerosol bis zu 40 Kilometer weit geschleudert werden kann. Gleichzeitig wird solchen Geschossen Plutonium beigemischt, das hochradioaktiv, mehrere Tausend Mal giftiger und krebserregender ist. Das Einatmen dieser Partikel sowie ihr Eindringen in den Körper über die Haut, die Nahrung und/oder das Wasser (auf Grund von Umweltverschmutzung) führt zu zahlreichen gesundheitlichen Folgen sowie zum Auftreten bösartiger Krankheiten.

Auch 24 Jahre nach dem Nato-Krieg:
immer noch steigende Krebszahlen

Nach 1999 und der Nato-Aggression gegen die Bundesrepublik Jugoslawien und dem Einsatz von Munition mit abgereichertem Uran wird die Weltöffentlichkeit von einem neuen Syndrom erschüttert – dem Balkan-Syndrom. Die Krebserkrankung und das Sterben italienischer Soldaten, die im Rahmen von Friedenskontingenten an der Säuberung kontaminierter Gebiete auf dem Balkan beteiligt waren, führte zur Definition dieses Syndroms.
  Alle Untersuchungen über Krebs in Serbien zeigen, dass die Zahl der neu diagnostizierten Fälle sowie die Zahl der Todesfälle von Jahr zu Jahr steigt. Die Sterblichkeitsrate durch bösartige Tumore stieg von 238,8 im Jahr 2001 auf 305,9 pro 100 000 Einwohner im Jahr 2017. Der Einsatz von abgereichertem Uran, die Freisetzung von krebserregenden und toxischen Stoffen, die Zerstörung der Infrastruktur (Krankenhäuser, Schulen, Strassen) und die damit einhergehende Schädigung der allgemeinen Lebensbedingungen und der Umwelt führen zweifellos zu einer Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung in den bombardierten Gebieten. Vierundzwanzig Jahre nach der Nato-Aggression sieht sich die Republik Serbien mit einem Trend zu immer mehr neuen Fällen von bösartigen Erkrankungen konfrontiert.
  Mit der Bombardierung der Bundesrepublik Jugoslawien im Jahr 1999 durch Nato-Truppen wurden das Völkerrecht und elementare Menschenrechte wiederholt verletzt. Auf dem Territorium der Bundesrepublik Jugoslawien wurde ein Krieg geführt, der von seinen Auswirkungen her zu den chemischen und radiologischen Kriegen gehört. Durch den Einsatz von Munition mit abgereichertem Uran trugen die Nato-Truppen zu den Auswirkungen eines radiologischen Unfalls bei. Durch die Nutzung der grössten geistigen Errungenschaften der Menschheit in der Entwicklung von Wissenschaft und Technik hat die Nato diese mit dem Einsatz modernster Kampfmittel für Kriegszwecke missbraucht. Mit diesen Mitteln führte die Nato über 25 000 Angriffe mit modernsten Kampfflugzeugen durch, die mit den tödlichsten Waffen ausgerüstet waren. Sie nutzte sie zur Tötung der Zivilbevölkerung, zur Zerstörung militärischer und ziviler Ziele, zur Zerstörung von Arbeits- und Überlebensmitteln der Bevölkerung, zur Zerstörung wirtschaftlicher Potentiale, zur Zerstörung von völkerrechtlich geschützten Objekten. Besonders erwähnenswert ist die Zerstörung von Gebäuden, z. B. Chemiefabriken, deren Beschädigung eine langfristige Umweltverschmutzung in grossem Umfang verursacht, die weitreichende Folgen nach sich zieht. Eine rücksichtslose Kriegsführung, die das Ziel hat, so viel Schaden wie möglich anzurichten, verstösst zweifellos gegen internationale Verträge und allgemein anerkannte Regeln des Völkerrechts.

Zerstörung vorhandener Ressourcen

Die Aggression zielte nicht nur auf den militärischen Sieg, sondern auch auf die Zerstörung aller verfügbaren Ressourcen der Bundesrepublik Jugoslawien ab. Es handelt sich um ein Konzept der Kriegsführung, bei dem es keine Ausnahmen in bezug auf die Ziele gibt. Es wird gegen jedes Ziel, gegen alles vorgegangen, das von irgendeinem Interesse für denjenigen ist, gegen den der Krieg geführt wird. Die Begrenzung der Kriegsführung in bezug auf Handlungen, Ziele und andere Grenzen, die im Völkerrecht verankert sind, wurde völlig ignoriert und marginalisiert. Das Ziel der Aggression bestand offensichtlich darin, in allen Lebensbereichen maximalen Schaden anzurichten, um die Bundesrepublik Jugoslawien zur Kapitulation zu zwingen.

Die Petersburger Erklärung von 1868

Die Petersburger Erklärung vom 29. November 1868 über das Verbot des Gebrauchs gewisser Geschosse im Kriege weist darauf hin, dass das einzige legitime Ziel, das Staaten im Krieg verfolgen sollten, die Schwächung der gegnerischen Streitkräfte ist und dass dieses Ziel durch den Einsatz gewisser Waffen, die das Leid der nicht am Kampf beteiligter Menschen unnötig erhöht oder ihren Tod unvermeidlich macht, überschritten würde. Es ist ohne Zweifel, dass der Einsatz von Munition mit abgereichertem Uran dieses einzig legale und legitime Ziel der Kriegsführung mehr als überschreitet. Auf Grund ihrer Eigenschaften treffen Waffen mit abgereichertem Uran nicht nur die militärischen Kräfte des «Feindes», sondern mit ihrer Folgewirkung auch unweigerlich die übrige Bevölkerung und die Umwelt. Da solche Waffen nicht nur auf ein bestimmtes Ziel gerichtet werden können, muss der Einsatz solcher Waffen als verboten angesehen werden.
  Kampfmittel dieser Art sind darüber hinaus durch das Zusatzprotokoll I zu den Genfer Konventionen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte verboten. Artikel 35 des Protokolls legt eindeutig fest, dass in jedem bewaffneten Konflikt das Recht der Konfliktparteien, die Methoden und Mittel der Kriegsführung zu wählen, nicht unbegrenzt ist. Es ist verboten, Waffen, Flugkörper und Material sowie Methoden der Kriegsführung zu verwenden, die unnötige Verletzungen oder unnötiges Leid verursachen. Danach ist es weiterhin verboten, Methoden oder Mittel der Kriegsführung anzuwenden, die dazu bestimmt sind oder von denen erwartet werden kann, dass sie der natürlichen Umwelt weitreichenden, langfristigen und schweren Schaden zufügen. Nach den Daten, die die Nato den Vereinten Nationen zur Verfügung gestellt hat, wurden etwa 30 000 Raketen mit abgereichertem Uran im Gebiet von Kosovo und Metohija, 2500 Raketen in Serbien selbst und etwa 300 Raketen in Montenegro abgefeuert. Das ist eine grobe Zuwiderhandlung gegen das gesamte Völkerrecht und die ausdrücklichen Normen des internationalen Kriegsvölkerrechts und das Humanitäre Völkerrecht.
  Aus den bisherigen Kenntnissen lässt sich ohne jeden Zweifel schliessen, dass die Munition mit abgereichertem Uran ein Kampfmittel darstellt, dessen Einsatz auf Grund seiner chemischen Wirkung übermässiges und unnötiges Leid verursacht sowie schwere, langfristige und weitreichende Schäden an der natürlichen Umwelt hervorruft. Gemäss den Bestimmungen des Völkerrechts muss der Einsatz daher als verboten angesehen werden.   •

(Übersetzung Zeit-Fragen)



* Prof. Dr. iur. Aleksić, Srđan, geb. März 1968 in Bustranje, Südserbien, ist Anwalt in Nis. Er kämpft seit vielen Jahren für die Opfer der Nato-Bombardierungen mit DU-Munition als Folge des Krieges gegen Jugoslawien 1999. Mehr als 3000 an Krebs erkrankte Menschen werden von ihm vertreten.

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